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Ob es sich nun um eine Detektivgeschichte handelt, einen Thriller, eine psychologische Studie von Charakteren, die sich mit einem zerstörerischen Ereignis konfrontiert sehen, ob um einen Gerichtskrimi, die öffentliche Aufdeckung eines Verbrechens, einen Polizeikrimi oder den wahrheitsgetreuen Bericht über eine tatsächliche Straftat, die Frage bleibt immer die gleiche: Wieso Verbrechen? Ob es sich bei den Beteiligten um FBI-Agenten handelt, um Polizisten, Gerichtsmediziner, Journalisten, Militärangehörige, den Mann oder die Frau von der Straße, Privatdetektive oder die kleine alte Dame von nebenan, die Frage bleibt die gleiche: Wieso Verbrechen? Es mag um Mord gehen (Einzeltaten, Serien- oder Massenmord), um Körperverletzung, Raub, tätlichen Angriff, Entführung, Einbruch, Wucher oder Erpressung — wir wollen es wissen: Wieso Verbrechen? Wieso übt das Verbrechen eine derartige Faszination aus, und — vor allem — wieso übt es diese Faszination auf Schriftstellerinnen aus?
Ich glaube, auf diese Fragen gibt es mehrere Antworten.
Das Schreiben von Kriminalliteratur ist praktisch ebenso alt wie das Schreiben an sich und gehört deshalb sehr wohl zu unserer literarischen Tradition. Die frühesten Kriminalgeschichten kennen wir aus der Bibel: Kain tötet Abel in rasender Eifersucht; in einem Akt eifersüchtiger Verschwörung verkaufen seine Brüder Josef nach Ägypten in die Sklaverei und täuschen ihrem gramgebeugten Vater seinen Tod vor; in lüsterner Eifersucht sendet David Batsebas Gatten an die vorderste Kampflinie, damit er selbst die liebreizende Frau für sich hat; in unerwiderter Begierde legen zwei geachtete Älteste falsches Zeugnis gegen die tugendsame Susanna ab, womit sie sie zum Tod wegen Ehebruchs verdammt hätten, wenn nicht jemand vorgetreten wäre und die Geschichte der beiden widerlegt hätte; Väter wohnen im verbrecherischen Akt des Inzests ihren Töchtern bei; Brüder töten ihre Brüder, kämpfen gegen sie, verleugnen und misshandeln sie; Frauen verlangen, den Kopf von Männern auf einer Schüssel präsentiert zu bekommen; Judith enthauptet den Holofernes; Judas verrät Jesus von Nazareth; König Herodes lässt die neugeborenen Knäblein der Hebräer erschlagen … Schauerlich geht es zu im Alten und im Neuen Testament, und aus dieser Quelle trinken wir von frühester Kindheit an.
Beim Verbrechen findet sich der Mensch in einer Grenzsituation wieder, in extremis, ja mehr noch — beim Verbrechen befindet sich der Mensch außerhalb der Norm.
Auf jeden Kain kommen eine Milliarde Brüder, die durch die Jahrhunderte hindurch zusammengelebt haben. Auf jeden David kommen zehn Millionen Männer, die von einer Frau abließen, als sie erfuhren, dass sie zu einem anderen gehört. Aber gerade das macht Verbrechen ja so interessant. Es ist nicht das, was Leute normalerweise tun.
Gerne würde man glauben, dass Autos, wenn sich auf der Autobahn ein Unfall ereignet hat, aus erhöhter Vorsicht langsamer fahren: Jeder sieht die blinkenden Lichter vor sich, den Rauch, die Feuersignale, die Krankenwägen, die Feuerwehrautos, und tritt auf die Bremse, um nicht so zu enden wie die Unglücklichen, die da gerade aus dem Metallgewirr befreit werden. Aber das ist normalerweise nicht der Grund, weshalb die Leute das Tempo drosseln. Sie fahren langsamer, um zu gaffen, ihre Neugier ist angestachelt. Warum? Weil ein Unfall etwas Anormales ist, und Anomalien interessieren uns. Sie interessieren uns seit Anbeginn der Zeit und werden es bis zu deren Ende tun.
Brutale Mordfälle schaffen es auf die Titelseite.
Entführungen, Fälle von rätselhaftem Verschwinden, Krawalle, tödliche Autounfälle, Flugzeugabstürze, terroristische Bombenattentate, bewaffnete Raubüberfälle, Heckenschützen, die auf Ahnungslose schießen … das alles drängt sich in unseren Alltag, führt uns die Brüchigkeit unserer Existenz vor Augen und macht uns gleichzeitig Appetit darauf, mehr zu erfahren. Wir kommen als Nation abrupt zum Stillstand, um im Fall von O.J. Simpson dem Urteil zu lauschen, denn bei dem, was sich auf dem Bundy Drive zugetragen hat, geht es um niedrige Triebe, und die niedrigen Triebe jenes Doppelmörders erwecken die niedrigen Triebe in uns selbst. Vergossenes Blut schreit nach noch mehr Blutvergießen, um die Tat zu sühnen. Wir suchen für jedes Verbrechen nach der passenden Strafe. Verbrechen ist so alt wie die Menschheit. Die Sensationslust auch. Und die Rachsucht.
Kriminalliteratur verschafft uns eine Art Genugtuung, die uns im wirklichen Leben oft versagt bleibt. Im wirklichen Leben werden wir nie Gewissheit haben, wer Nicole und Ron nun tatsächlich umgebracht hat; wir können bloß vermuten, dass es auf der grassbewachsenen Hügelkuppe einen zweiten Schützen gab; wir werden über Dr. Shepards Frau und Jeffrey MacDonalds Fähigkeit zur Wahrheit oder Selbsttäuschung im Unklaren gelassen. Der Green River Killer verschwindet in dem Urschleim, aus dem er aufgetaucht war, zu ihm gesellt sich der Zodiac Killer, und uns bleibt nur die Frage: Wer waren diese Leute, und wieso haben sie gemordet? In der Kriminalliteratur jedoch werden die Mörder mit der Gerechtigkeit konfrontiert. Es kann reale Gerechtigkeit sein, poetische Gerechtigkeit oder psychologische Gerechtigkeit. Aber sie werden damit konfrontiert. Sie werden demaskiert, und die Normalität ist wiederhergestellt. Darin liegt eine immense Genugtuung für den Leser, ganz sicher mehr Genugtuung als jene, die aus der Ermittlung und Bestrafung eines tatsächlichen Verbrechens erwächst.
Für den Autor, der die Psyche seiner Figuren ausloten will, gibt es nichts so katastrophal Katalytisches wie das Eindringen eines Verbrechens in eine ansonsten friedliche Umgebung. Bei einem Verbrechen geraten sämtliche Beteiligten in eine Konfliktsituation, der sie sich nicht entziehen können: die Ermittler, der Täter, die Opfer und diejenigen, die mit den Ermittlern, dem Täter und den Opfern in Verbindung stehen. Konfrontiert mit monströsen, traumatischen Erlebnissen, werden Mut und Seelenstärke der Figuren auf die Probe gestellt. An diesem Punkt, wenn die Überzeugungen, der Seelenfrieden, die geistige Gesundheit und die Lebensart einer Figur in ihren Grundfesten erschüttert werden, geschieht es, dass sich ein krankhafter Zug offenbart. Und aus dem Zusammenprall der Krankhaftigkeit des Einzelnen mit der Krankhaftigkeit aller anderen Figuren erwachsen Dramatik und Katharsis.
Einige der größten Werke der Literatur spielen sich vor dem Hintergrund eines abscheulichen Verbrechens ab.
Hamlets monumentaler innerer Kampf, mit dem er sein Gewissen zu überwinden und den Part der Nemesis zu spielen trachtet, hätte nicht stattfinden können, wenn sein Vater nicht in einem brutalen Akt von Brudermord vergiftet worden wäre. Ödipus konnte sein Schicksal nicht erfüllen, ohne zuvor König Laios auf der Straße nach Theben zu töten. Medea wäre nicht in der Lage, in der sie sich in Korinth befindet — eine Ausgestoßene, die vom nervösen Kreon aufs Neue ausgestoßen werden soll, da er sich ihrer Fähigkeiten als Zauberin nur zu bewusst ist —, wäre ihr der Ruf als treibende Kraft beim Tod von König Pelias nicht vorausgeeilt. Jeden, der liest, dürfte es daher kaum überraschen, dass Schriftsteller nicht bloß weiterhin vom Verbrechen fasziniert sind, sondern es auch weiterhin als Rückgrat eines Großteils ihrer Prosa verwenden.
Das Verbrechen erfüllt in einem literarischen Werk eine Doppelfunktion. Erstens dient es als Handlungsfaden für die Geschichte: Das Verbrechen muss untersucht und im Rahmen der Verwicklungen und Wendungen des Plots gelöst werden. Zweitens — was vielleicht noch wichtiger ist — fungiert das Verbrechen auch als Gerüst, quasi als Skelett für den Körper der Geschichte, die erzählt werden soll. Über dieses Skelett kann die Autorin je nach Belieben viel oder wenig stülpen. Sie kann das Skelett nur aus Knochen belassen und eine Geschichte erzählen, die knapp, präzise und ohne Umschweife und Ausschmückungen zur Auflösung und zum Schluss kommt. Oder sie kann das Skelett mit Muskeln, Gewebe, Adern, Organen und Blut ausstatten, also mit so unterschiedlichen Erzählelementen wie Thema, tiefer gehender Charakterisierung, literarischen Symbolen und Nebenhandlungen sowie den spezifisch krimibezogenen Erzählelementen wie Hinweisen, falschen Fährten, Spannung und einer ganzen Reihe von altbewährten Motiven der Kriminalliteratur: die hermetisch verschlossene Todeskammer (oder der abgeschlossene Raum), der offensichtlichster Tatort, die vom wahren Mörder ausgelegten falschen Spuren, die fixe Idee. Auf diese Weise können ihre Figuren Hand in Hand in Richtung der unausweichlichen Auflösung marschieren oder sich von den unzähligen Möglichkeiten ablenken lassen, die sich ihnen mittels erweiterter Handlung und komplizierterer Erzählstruktur bieten.
Wieso sollte eine Schriftstellerin sich also überhaupt mit etwas anderem befassen wollen? Ich sehe keinen Anlass dazu. Denn solange sie der Überzeugung folgt, die einzige Regel sei die, dass es keine Regeln gibt, sind ihr auf diesem Gebiet keine Grenzen gesetzt.
Das beantwortet aber noch nicht die Frage, wieso die Kriminalliteratur eine derartige Anziehungskraft auf Autorinnen ausübt. Es ist in der Tat eine Frage, die Journalisten mir mit ziemlich nervtötender Regelmäßigkeit immer wieder stellen.
In Großbritannien und dem Commonwealth wird das Goldene Zeitalter des Kriminalromans — das sich meines Erachtens von den zwanziger bis in die fünfziger Jahre erstreckt — von Frauen beherrscht. Ihre Namen stellen tatsächlich ein Pantheon dar, in das jede moderne Autorin aufgenommen zu werden strebt. Agatha Christie, Dorothy L. Sayers, Ngaio Marsh, Margery Allingham … Man kann sich unschwer vorstellen, weshalb Schriftstellerinnen während des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts bemüht waren, in diesen erlauchten Kreis vorzustoßen: Sobald sich eine auf einem literarischen Gebiet etablierte, folgten andere rasch nach. Die Faszination, die die Kriminalschriftstellerei auf Frauen ausübte, lässt sich daher leicht erklären: Frauen beschlossen, Kriminalgeschichten zu schreiben, weil sie darin erfolgreich waren. Der Erfolg der einen zieht das Erfolgsstreben einer anderen nach sich.
Dies trifft auch auf die Vereinigten Staaten zu. Der Unterschied dort besteht aber darin, dass das Goldene Zeitalter des Kriminalromans von Männern dominiert wird und Frauen erst später nachzogen. Wenn wir an das Goldene Zeitalter in Amerika denken, fallen uns Dashiell Hammett und Raymond Chandler ein, Geschichten mit einem Ich-Erzähler, hart gesottenen Privatdetektiven, die rauchen, Whisky trinken, in heruntergekommenen Apartments wohnen und Frauen abschätzig als» Weiber« bezeichnen. Sie setzen Schusswaffen und ihre Fäuste ein und verfügen über jede Menge Arroganz. Sie sind einsame Wölfe und gefallen sich in dieser Rolle.
In diese männlich dominierte Welt einzubrechen verlangte von den Schriftstellerinnen gehörigen Mumm und Zielstrebigkeit. Einige von ihnen entschieden sich dafür, freundlichere, sanftere Kriminalromane zu schreiben, die der Empfindsamkeit der Leserinnen entsprachen, die sie anzuziehen hofften. Andere beschlossen, sich ohne Umschweife unter die Männer zu mischen, indem sie Detektivinnen schufen, die ebenso knallhart waren wie die Männer, an deren Stelle sie treten wollten. Sue Grafton und Sara Paretsky erbrachten den unwiderlegbaren Beweis, dass eine weibliche Spürnase von einem männlichen wie von einem weiblichen Publikum akzeptiert werden konnte, und nun traten plötzlich zahlreiche andere Autorinnen in Graftons und Paretskys Fußstapfen. Die Szene erweiterte sich also auch in den Vereinigten Staaten und bot Frauen ein zusätzliches Ventil für ihre kreativen Energien.
Die Kriminalliteratur ist ein weites Feld, so breit und vielfältig wie das Verbrechen an sich. Weil es keine absolut strikten Regeln gibt und weil die wenigen tatsächlich vorhandenen Regeln dazu da sind, gebrochen zu werden (man denke nur an den Aufruhr 1926 beim Erscheinen von Agatha Christies The Murder of Roger Ackroyd), kann sich die Autorin jeden erdenklichen Schauplatz aussuchen, um ihn dann mit den ausgefallensten Spürnasen zu bevölkern: Teenagern, Kindern, alten Damen, Tieren, Stubenhockern und Leuten mit Platzangst, Lehrerinnen, Ärzten, Astronauten und so fort, so weit die Fantasie sie tragen kann. Wenn dies der Grundsatz der Kriminalliteratur ist, sollte die Frage eigentlich nicht lauten, wieso so viele Frauen Kriminalgeschichten schreiben, sondern wieso eigentlich nicht alle Kriminalgeschichten schreiben.
Dieser Band versucht nicht, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Stattdessen stellt er Ihnen zu Ihrer Unterhaltung ein ganzes Jahrhundert an Kriminalgeschichten und spannenden Erzählungen von Frauen vor. Ihnen wird auffallen, dass in dieser Sammlung einesteils Namen vertreten sind, die mit der Kriminalliteratur eng verbunden sind — Dorothy L. Sayers, Minette Walters, Sara Paretsky und andere —, aber auch Namen erscheinen, die man normalerweise nicht mit Kriminalliteratur in Verbindung bringt, etwa Nadine Gordimer und Joyce Carol Oates. Ich habe versucht, eine möglichst breite Auswahl an Autorinnen zusammenzustellen, weil sich in so einer breiten Auswahl meine grundlegende Überzeugung widerspiegelt: Kriminalliteratur muss nicht als Genreliteratur betrachtet werden. Sie ist nicht auf ein paar durchschnittlich begabte Praktikerinnen beschränkt. Und was das Wichtigste ist – sie ist tatsächlich etwas, was die Zeit überdauern kann, sie überdauern wird und bereits überdauert hat.
Was mich als Autorin mit am meisten irritiert, ist die Tatsache, dass viele Menschen Kriminalliteratur für eine minderwertige Form schriftstellerischer Betätigung erachten. In all den Jahren, die ich nun Kriminalromane schreibe, habe ich zahlreiche Gespräche mit Leuten geführt, die diesen höchst seltsamen Standpunkt vertreten.
Auf einem Schriftstellerkongress sagte mir einmal jemand, er wolle zur Übung erst einmal Kriminalromane schreiben und später dann einen» richtigen Roman«. (»Sie fabrizieren also Tacos, bevor Sie sich an selbst gemachten Schokoladenkuchen wagen?«, fragte ich ihn ganz unschuldig.) Eine Journalistin in Deutschland wollte einmal wissen, was ich davon hielte, dass meine Romane nicht in einer bestimmten angesehenen Zeitung rezensiert würden, von der ich noch nie gehört hatte. (»Ach je, keine Ahnung. Die Zeitung hat vermutlich keinen besonderen Einfluss auf die Verkaufszahlen«, erwiderte ich.) Mehrmals sind während der Diskussion nach meinen Vorträgen Leute aufgestanden, um mich zu fragen, wieso «eine Schriftstellerin wie Sie eigentlich keine ernsthaften Romane schreibt«. (»Ich betrachte Kriminalliteratur als ernsthaft«, entgegne ich ihnen.) Und doch hält sich bei manchen Lesern und Kritikern die unterschwellige Ansicht, Kriminalliteratur sei etwas, das man nicht ernst zu nehmen brauche.
Das ist eine bedauerliche Einstellung. Zwar trifft es zu, dass manche Krimis anspruchslos, formelhaft und ohne großen Wert sind, doch lässt sich das auch über andere Veröffentlichungen sagen. Manche Bücher sind gut, manche mittelmäßig und manche ausgesprochen schlecht.
In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass ein Großteil der Kriminalliteratur etwas geschafft hat, wovon die etablierte «literarische «Prosa nur träumen kann: Sie hat die Zeiten überdauert. Für jeden Sir Arthur Conan Doyle, dessen Sherlock Holmes über hundert Jahre nach seiner Entstehung immer noch Verehrung und Begeisterung auslöst, gibt es Tausende von Schriftstellern, deren vermeintlich literarisches Werk völlig in Vergessenheit geraten ist. Vor die Wahl gestellt, als» literarische« Autorin etikettiert zu werden und zehn Jahre nachdem ich den Stift für immer weggelegt habe, in der Versenkung zu verschwinden, oder aber» bloß eine Krimiautorin« genannt zu werden, deren Geschichten und Romane noch in hundert Jahren gelesen werden, weiß ich schon, welche Wahl ich treffen würde. Und ich kann nur vermuten, dass jeder vernünftige Autor dieselbe träfe.
Ich bin der Auffassung, Literatur ist das, was Bestand hat. Zu seiner Zeit hätte keiner William Shakespeare bezichtigt, große Literatur zu schreiben. Er war ein beliebter Stückeschreiber, der seine Produktionen mit Figuren bevölkerte, die jedes erdenkliche Bildungs- und Erfahrungsniveau in seinem Publikum befriedigten.
Charles Dickens schrieb Fortsetzungsromane für die Zeitung, und das, so schnell er konnte, um seine sich ständig vergrößernde Familie ernähren zu können. Und Arthur Conan Doyle war ein junger Augenarzt, der sich gerade eine eigene Praxis aufbaute und Detektivromane schrieb, um sich die Zeit zu vertreiben, während er in seiner Sprechstunde auf Patienten wartete. Keiner dieser Schriftsteller hat sich Gedanken über die Unsterblichkeit gemacht. Keiner hat sich beim Schreiben gefragt, ob man sein Werk als Literatur betrachten würde, als kommerzielle Prosa oder als Schund. Jeder von ihnen war darauf bedacht, eine gute Geschichte zu erzählen, sie gekonnt zu erzählen und sie einem Publikum zugänglich zu machen. Alles andere überließen sie — wie alle klugen Männer und Frauen — der Zeit.
Diese Anthologie spiegelt die gleiche Auffassung: zu schreiben, was man schreiben will, und es gut zu schreiben. Einige der Autorinnen haben es getan, sind gestorben und haben eine gewisse Unsterblichkeit erreicht.
Die Übrigen bleiben auf der Erde, schreiben noch und warten ab, wie die Zeit mit ihnen verfahren wird. Allen gemeinsam ist das Verlangen, die Menschen in einer Grenzsituation auszuloten. Diese Grenzsituation entspricht dem begangenen Verbrechen. Wie die Figuren mit der Situation umgehen, davon handelt die Geschichte.