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Die erste Salve hatte einige der heranstürmenden Reiter aus den Sätteln geworfen. Ein paar blieben liegen, gerieten unter die Hufe der nachfolgenden Pferde. Andere rappelten sich mehr oder weniger mühsam auf und liefen rasch zur nächstbesten Deckung oder versuchten, sich eins der reiterlosen Pferde zu schnappen.
Die Verteidiger hatten nachgeladen und schickten Quantrills Guerillas die zweite Salve entgegen, die noch größere Lücken in deren Front riß.
Das massierte Abwehrfeuer brachte den Angriff zum Stillstand. Die Freischärler rissen ihre Pferde zurück und erwiderten wütend das Feuer aus ihren Revolvern. Immer wider klatschte Blei in das Holz der Barrikaden.
Dicht neben sich hörte Jacob, dessen zweiter Schuß ebenfalls ein Treffer gewesen war, plötzlich einen Aufschrei. Martin ließ seinen Vorderlader fallen und krümmte sich zusammen.
Jacob sprang zu ihm hin und legte seinen Karabiner weg.
»Martin, was ist?«
Der stämmige Bauernsohn hob den Kopf und grinste seinen Freund an. Er preßte die linke Hand gegen die rechte Schulter. Blut quoll zwischen den Fingern hervor.
»Es ist nicht weiter schlimm, Jacob. Nur als Schütze falle ich wohl fürs erste aus. Aber das ist kein großer Verlust. Die beiden Kugeln, die ich abgefeuert habe, waren vergeudet.«
Jacob riß breite Stoffetzen von seinem Hemd und legte Martin daraus einen Verband an.
»Die Kugel hat dich zum Glück nur gestreift, Martin. Ist auch besser so, da wir keinen Doc haben, der das Blei herausholen kann.«
Unter den Verteidigern brandete Jubel auf.
»Was ist los?« fragte Martin.
Jacob lugte durch die Ritze zwischen zwei umgestürzten Wagen und sah, daß sich die Angreifer zurückzogen. Ein paar Verwundete, die von ihren Pferden gestürzt waren, liefen den anderen hinterher. Noch immer schossen die Männer hinter den Barrikaden und holten den einen oder anderen aus dem Sattel.
»Quantrill hat die Nase voll«, sagte Jacob.
»Wir haben gesiegt?« fragte sein verwundeter Freund zweifelnd.
»So würde ich das nicht nennen. Wie ich Quantrill einschätze, wird er es wieder versuchen. Der gibt so schnell nicht auf.«
»Was macht Sie da so sicher, Mr. Adler?« erkundigte sich Byron Cordwainer, der mit selbstzufriedenem Gesicht auf die beiden Deutschen zukam.
»Was immer Quantrill in Blue Springs sucht, es scheint für ihn von einiger Wichtigkeit zu sein. Ich glaube nicht, daß er es bei einem Angriff bewenden läßt. Ich kenne ihn. Er ist hartnäckig.«
Die Selbstzufriedenheit bei Cordwainer verschwand und machte einem ernsten Ausdruck Platz. »Sie haben wohl recht. Die Bushwackers werden zurückkehren. Bis jetzt haben wir nur ein paar Leichtverletzte. Aber ich fürchte, beim nächstenmal läuft es nicht so glimpflich für uns ab.«
Das war auch Jacobs Befürchtung.
Als er aufstand, um seinem Freund aufzuhelfen, warf er einen skeptischen Blick auf die Hügel, hinter die sich die Angreifer zurückgezogen hatten.
Eine Frage beschäftige Jacob besonders: Weshalb wollte Quantrill die kleine Stadt Blue Springs unbedingt erobern?
Ende des 1. Teils
Und so geht das Abenteuer weiter
Noch immer sind Jacob, Martin und Irene in Blue Springs eingeschlossen. Und nun wird die belagerte Stadt von Quantrills Guerillas angegriffen! Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie fallen wird. Was dann folgt, ist jedem klar: Brandschatzung, Erschießungskommandos und
Vergewaltigungen.
Niemand ahnt, daß William Clarke Quantrill ganz anderen, verwegenen Plänen folgt, in denen die Eroberung der Stadt nur der Anfang ist, an dessen Ende aber ebenfalls Tod und Vernichtung stehen .
DER EINE-MILLION DOLLAR-ZUG Ein Roman von J.G. Kastner