129289.fb2 Vergangene Zukunft. Elf der besten Stories des weltber?hmten SF-Autors - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 8

Vergangene Zukunft. Elf der besten Stories des weltber?hmten SF-Autors - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 8

Was ist es, das man Liebe nennt?

Das ist eine sehr komplizierte Geschichte. Sie geht bis auf 1938/39 zurück. Damals erschien etwa ein halbes Dutzend Nummern eines Magazins, das ich nicht nennen will. Es versuchte sich in einem Genre, das ich nicht anders als »pikante Science-Fiction-Erzählungen« bezeichnen kann. Wenn man die sexuelle Freizügigkeit in Betracht zieht, die den heutigen Autoren gestattet ist, so würden sich diese alten pikanten Geschichten heute vielleicht lesen wie etwa »Die Bobbsey-Zwillinge im Weltraum«. Aber damals konnten sie die wenigen Leser des betreffenden Magazins sehr aufregen.

Diese Geschichten beschäftigten sich sehr ernsthaft mit den heißen Leidenschaften, die irgendwelche fremde Monstren den Erdenfrauen entgegenbrachten. Stets wurden Kleider zerrissen, und Brüste wurden mit einer reichen Vielfalt von elliptischen Phrasen beschrieben. (Ja, ich weiß, das ist ein seltsames Wortspiel.) Das Magazin starb einen verdienten Tod, weniger wegen des harten Sex und Sadismus als wegen der tödlichen Einförmigkeit der Erzählungen und der unergründlichen Qualität der schriftstellerischen Werte.

Der Vorhang fiel und hob sich wieder im Jahre 1960. Das Magazin Playboy beschloß, sich ein bißchen Spaß mit Science-Fiction zu gönnen. Sie veröffentlichten einen Artikel, der sich »Die Mädchen des Schleimgotts« betitelte. Darin brachten sie zum Ausdruck, daß Science-Fiction nur aus Sex und Sadismus und sonst nichts besteht. Aber sie fanden nur wenig Stoff, den sie ironisieren konnten, denn bis 1960 gab es keinen Literaturzweig (außer vielleicht den Kindergeschichten in den Bulletins der Sonntagsschulen), der puritanischer war als Science-Fiction. Natürlich hat seit 1960 die sexuelle Liberalität auch die Science-Fiction-Literatur durchdrungen.

Also mußte Playboy seinen Artikel mit den komischen Titel-blatt-Schönheiten vergangener Science-Fiction-Magazine illustrieren, und als einzige Quelle stand die 1938/39 erschienene Zeitschrift zur Verfügung, die ich oben erwähnte.

Cele Goldsmith, die Herausgeberin von Amazing Stories, las den Artikel und rief mich sofort an. Sie schlug vor, ich solle eine Geschichte »Playboy und der Schleimgott« schreiben, eine Satire der Satire. Aus verschiedenen Gründen erschien mir das sehr verführerisch.

1) Man muß Miß Goldsmith gesehen haben, um an ihre reale Existenz zu glauben. Sie war die einzige mir bekannte Science-Fiction-Herausgeberin, die wie ein Show Girl aussah, und zufällig üben Show-Girl-Typen eine ästhetische Anziehungskraft auf mich aus (oder so etwas Ähnliches).

2) Ich nehme Science-Fiction ernst und ärgerte mich darüber, daß das Magazin von 1938/39 als Gegenstand einer Playboy-Satire dienen sollte. Ich wollte ihnen die Satire heimzahlen.

3) Ich dachte mir ganz schnell aus, was ich sagen wollte.

Also schrieb ich »Playboy und der Schleimgott« und benutzte dieselben Zitate, die Playboy angeführt hatte. Ich versuchte darzustellen, wie eine Begegnung zwischen sex-interessierten Wesen von fremden Sternen und Erdenfrauen wirklich verlaufen mochte. (Ich muß sagen, daß eigentlich Miß Goldsmith die letzten drei Absätze der Erzählung schrieb. Mein Schluß war ziemlich anmaßend, und Miß Goldsmith wußte einen viel besseren. So ließ ich ihn stehen, nicht nur in dem Magazin, sondern auch an dieser Stelle.)

Der Titel war ein Problem. Er wirkte abstoßend. Als Groff Conklin, einer der unermüdlichsten Anthologen in dieser Branche, die Erzählung für eine seiner Anthologien in Betracht zog, fragte er mich ziemlich kläglich, ob ich nicht einen anderen Titel wüßte.

»Darauf können Sie wetten«, sagte ich. »Wie wäre es mit >Was ist es, das man Liebe nennt?<«

Mr. Conklin war entzückt und ich auch, und diesen Titel hat er verwendet, und auch ich verwende ihn in dieser Sammlung.

»Aber das sind doch zwei verschiedene Arten«, sagte Captain Garm und betrachtete aufmerksam die Kreaturen, die man von dem Planeten da unten gebracht hatte. Seine optischen Organe konnten den Fokus auf maximale Schärfe einstellen, wobei sie sich nach außen wölbten. Der Farbfleck über den Organen schoß rasche Blitze.

Botax fühlte sich angenehm erwärmt, als er endlich wieder Farbänderungen sehen konnte. Viele Monate hatte er in der Spionier-Zelle auf dem Planeten verbracht, um in den modulierten Lautwellen, die die Eingeborenen aussandten, einen Sinn zu entdecken. Die Kommunikation durch Blitze gab ihm fast ein Gefühl, als wäre er daheim, im fernen Perseus-Sektor.

»Nicht zwei Arten«, sagte er, »aber zwei verschiedene Erscheinungsformen derselben Art.«

»Unsinn. Sie sehen doch ganz verschieden aus. Zwar gleichen sie vage den Persanern, dem Hohen Wesen sei Dank, und ihr Äußeres ist nicht so abstoßend wie das der meisten Außenweltler. Vernünftige Gestalt, erkennbare Gliedmaßen. Aber kein Farbfleck. Können sie sprechen?«

»Ja, Captain Garm.« Botax gestattete sich ein diskret mißbilligendes prismatisches Zwischenspiel. »Die Details stehen in meinem Bericht. Diese Kreaturen produzieren Laute mittels Hals und Mund in der Art eines komplizierten Hustens. Ich habe es selbst gelernt«, sagte er in bescheidenem Stolz. »Es ist sehr schwierig.«

»Dabei muß sich einem ja der Magen umdrehen. Nun, das kommt von ihren flachen, undehnbaren Augen. Wenn man nicht mittels Farbe sprechen kann, werden die Augen ziemlich nutzlos. Aber wie können Sie darauf bestehen, daß das zwei verschiedene Erscheinungsformen derselben Art sind? Der auf der linken Seite ist kleiner und hat längere Tentakel, oder was immer das ist, und er scheint anders proportioniert. Er hat Ausbuchtungen, wo der andere keine hat. Leben sie?«

»Sie leben, aber sie sind augenblicklich nicht bei Bewußtsein, Captain. Sie wurden psychologisch behandelt, damit sie keine Furcht empfinden und man sie leichter studieren kann.«

»Aber sind sie es wert, daß man sie studiert? Wir sind mit unserem Zeitplan in Verzug und haben noch mindestens fünf Welten zu untersuchen und zu erforschen, die bedeutender sind als diese. Es ist sehr teuer, eine Zeitstockung aufrechtzuerhalten, ich würde sie zurückbringen und weiterfliegen ...«

»Captain, es war meine Aufgabe, diesen Planeten zu studieren, und das hat sich als sehr schwierig erwiesen, denn er ist einzigartig. Er ist so einzigartig, daß ich kaum all seine Facetten erfassen kann. Zum Beispiel besteht alles Leben auf diesem Planeten aus Arten in zwei verschiedenen Erscheinungsformen. Es gibt keine Worte, um dies zu beschreiben oder gar zu begreifen. Ich kann nur von einer ersten und einer zweiten Form sprechen. Wenn sie ihre Laute produzieren, wird die kleine Form >weiblich< genannt und die große >männlich<. Also sind sich die Kreaturen selbst des Unterschieds bewußt.«

Garm stöhnte.

»Welch eine ekelerregende Art der Kommunikation!«

»Und noch etwas, Captain. Um Junge zu erzeugen, müssen die beiden Erscheinungsformen zusammenarbeiten.«

Der Captain, der sich vorgebeugt hatte, um die Geschöpfe mit einer Mischung von Interesse und Widerwillen zu examinieren, richtete sich kerzengerade auf.

»Zusammenarbeiten? Was ist das für ein Unsinn? Es gibt kein grundlegenderes Merkmal des Lebens, als daß jede lebende Kreatur Nachkommen produziert, indem sie sich im tiefsten Innern mit sich selbst verbindet. Was anderes macht das Leben lebenswert?«

»Die eine Form bringt das Leben hervor, aber die andere Form muß mithelfen.«

»Wie?«

»Es war sehr schwierig, das festzustellen. Es handelt sich um etwas sehr Privates, und als ich die greifbaren Formen der Literatur durchforschte, fand ich keine exakte, deutliche Beschreibung. Aber ich konnte vernünftig scheinende Folgerungen ziehen.«

Garm schüttelte den Kopf.

»Lächerlich. Das Gebären ist die heiligste, privateste Funktion der gesamten Galaxis. Auf Zehntausenden von Welten ist das so. Wie sagt doch der große Photo-Barde Levuline? >O Keimzeit, o Keimzeit, o süße, berauschende Zeit des Keimens, o Zeit, wenn .. .<«

»Sie verstehen mich nicht, Captain. Diese Zusammenarbeit zweier Formen bringt irgendwie eine Vereinigung von Genen zustande. Wie das vor sich geht, kann ich nicht genau sagen. Es handelt sich um eine Vorrichtung, durch die in jeder Generation neue Kombinationen von Charaktermerkmalen ins Leben gerufen werden. Es gibt unzählige Variationen. Nach der Mutation können die Gene nahezu sofort ihr Wesen zum Ausdruck bringen, während im üblichen Gebärsystem ein Jahrtausend vergeht, bis es soweit ist.«

»Wollen sie mir etwa erzählen, daß sich die Gene eines Individuums mit den Genen eines anderen verbinden können? Wissen Sie, wie lächerlich das im Licht aller Prinzipien der zellularen Physiologie erscheint?«

»Es muß so sein«, sagte Botax. Nervös zuckte er unter dem starren, glotzäugigen Blick des anderen zusammen.

»Beweisen Sie, daß diese Zusammenarbeit, von der Sie sprachen, tatsächlich existiert. Wenn Ihnen das gelingt, werde ich über dieses Thema noch einmal nachdenken. Wenn nicht, werde ich mir all Ihre Phantastereien aus dem Kopf schlagen, und wir werden unsere Reise fortsetzen.«

»Ich kann es beweisen.« Botax' Farbblitze wandelten sich in ein grelles Gelbgrün. »Die Kreaturen dieser Welt sind auch noch auf andere Weise einzigartig. Sie sehen Fortschritte voraus, die sie noch nicht gemacht haben. Das ist wahrscheinlich eine Konsequenz ihres Glaubens an schnelle Änderung, die sie ja ständig mitansehen. Aus diesem Grund frönen sie einer Literaturgattung, die sich beispielsweise mit Raumfahrt beschäftigt. Letztere haben sie natürlich noch nicht in ernstzunehmender Form entwickelt. Sie bezeichnen diese Literatur als >Science-Fiction<, wenn ich richtig übersetzt habe. Ich habe meine Lektüre fast ausschließlich auf >Science-Fiction< beschränkt, weil ich dachte, daß sie sich in ihren Träumen und Illusionen am ehesten verraten und ihre Gefährlichkeit deutlich machen würden. Und aus der >Science-Fiction<-Literatur habe ich auch die Methode ihrer zwischenförmlichen Zusammenarbeit abgeleitet.«

»Also gut«, sagte der Captain gelangweilt. »Holen Sie die beiden Kreaturen ins Bewußtsein zurück und tun Sie, was Sie nicht lassen können. Aber schnell!«

Marge Skidmoore wurde sich ganz plötzlich ihrer neuen Umgebung bewußt. Sie erinnerte sich sehr genau an die Bahnstation. Es dämmerte, und der Bahnsteig war beinahe leer. Nur ein Mann stand neben ihr, und ein anderer am entgegengesetzten Ende des Bahnsteigs. Ein schwaches Rattern in der Ferne zeigte an, daß die Bahn sich näherte.

Und dann war da der Blitz gewesen, ein Gefühl, als kehre sich ihr Innerstes nach außen, das verschwommene Bild eines wellenförmigen Geschöpfes, triefender Schleim, ein Ruck nach oben, und jetzt .

»O Gott«, sagte sie schaudernd. »Ist das still hier! Und da ist ja noch jemand.«

Sie fühlte leichte Übelkeit, aber keine Furcht. Sie war beinahe stolz, weil sie sich nicht fürchtete. Der Mann neben ihr war genauso ruhig wie sie selbst. Er trug noch immer den verbeulten Filzhut. Es war der Mann, der neben ihr auf dem Bahnsteig gestanden hatte.

»Sie sind auch hier? Wer noch?« fragte sie.

Charlie Grimwood fühlte sich schlaff und kraftlos. Er versuchte die Hand zu heben, den Hut abzunehmen und das dünne Haar glattzustreichen, das seinen Kopf nur teilweise bedeckte. Aber er bemerkte, daß sich seinen Bewegungen ein gummiartiger, aber sehr hartnäckiger Widerstand entgegensetzte. Er ließ die Hand sinken und blickte mürrisch in das schmale Gesicht der Frau, die ihn anstarrte. Sie war Mitte Dreißig, schätzte er. Ihr Haar war schön, und ihr Kleid saß gut, aber in diesem Augenblick wünschte er sich nur, irgendwo anders zu sein, und es bereitete ihm überhaupt keinen Trost, daß er Gesellschaft hatte. Wenn es sich auch um weibliche Gesellschaft handelte.

»Ich weiß es nicht, Lady«, sagte er. »Ich stand gerade auf dem Bahnsteig .«

»Ich auch.«

»Und dann sah ich einen Blitz. Gehört habe ich nichts. Und jetzt bin ich hier. Das müssen kleine Menschen vom Mars oder von der Venus oder sonstwo gewesen sein.«

Marge nickte nachdrücklich.

Botax trat mutig heran. Seine Stimme kratzte und kreischte, aber er konnte das Timbre der Eingeborenen doch wenigstens annähernd imitieren.

»Kreaturen! Wir werden euch nichts tun. Aber wir müssen euch um einen Gefallen bitten. Würdet ihr bitte zusammenarbeiten.«

»He, er kann sprechen!« rief Charlie. »Wie meinen Sie denn das? Zusammenarbeiten?«

»Ihr beide. Miteinander«, sagte Botax.

»Eh?« Charlie sah Marge an. »Verstehen Sie, was er meint, Lady?«

»Keine Ahnung«, erwiderte sie hochmütig.

»Ich meine ...«, begann Botax, und dann nannte er die Kurzform, die er einmal gehört hatte und die als Synonym für den betreffenden Vorgang galt.

Marge lief purpurrot an.

»Was?« schrie sie. Botax und Captain Garm preßten die Hände auf die mittlere Region ihres Körpers, um ihre Hörflek-ke zu bedecken, die unter dem Anprall dieser Phonstärke schmerzhaft zitterten.

Marge fuhr wütend fort.

»Was bilden Sie sich eigentlich ein, Sie! Ich bin eine verheiratete Frau. Wenn mein Ed hier wäre, der würde Ihnen aber was erzählen. Und Sie da!« Trotz des gummiartigen Widerstands fuhr sie heftig zu Charlie herum. »Wenn Sie vielleicht glauben, daß ...«

»Was ist geschehen, Investigator Botax?« fragte Captain Garm. »Was waren das für grauenhafte, übelklingende Laute?«

»Nun ja ...« Botax strahlte einen kurzen, roten Verwirrungsblitz aus. »Es handelt sich hier um ein sehr kompliziertes Ritual. Sie pflegen sich zuerst meist widerstrebend zu verhalten. Das erhöht die spätere Wirkung. Nach diesem einleitenden Spiel müssen die Häute entfernt werden.«

»Sie müssen abgehäutet werden?«

»Nicht wirklich abgehäutet. Es sind künstliche Häute, die sich schmerzlos entfernen lassen. Das muß auch sein. Speziell bei der kleineren Form.«

»Also gut. Dann sagen Sie ihnen, sie sollen die Häute entfernen. Wirklich, Botax, ich finde das nicht sehr appetitlich.«

»Ich halte es für besser, wenn man der kleinen Form nicht sagt, sie soll die Häute ablegen. Wir müssen das Ritual sehr aufmerksam beobachten. Ich habe hier Auszüge aus jenen Raumfahrer-Geschichten, die der Mann von der Zeitschrift >Belustigungsknabe< als besonders hochstehend empfand. In diesen Erzählungen werden die Häute gewaltsam entfernt. Hier ist die Schilderung eines solchen Vorfalls: >... er zerrte am Kleid des Mädchens, riß es fast von ihrem schlanken Leib. Eine flüchtige Sekunde lang fühlte er die Wärme ihres halbent-blößten, festen Busens an der Wange . < Und in dieser Art geht es dann weiter. Das Zerreißen, die gewaltsame Entfernung der Häute gilt als Reizmittel, verstehen Sie?«

»Busen? Diesen Blitz kenne ich nicht.«

»Ich habe diesen Blitz erfunden, um die Bedeutung des Gegenstands zu übersetzen. Es handelt sich um Ausbuchtungen am Oberkörper der kleineren Form.«

»Ich verstehe. Nun, dann sagen Sie der größeren Form, sie soll die Häute vom Körper der kleineren reißen. Eine widerwärtige Angelegenheit!«

Botax wandte sich zu Charlie.

»Sir«, sagte er, »reißen Sie das Kleid des Mädchens fast von ihrem schlanken Leib, bitte. Ich werde Sie zu diesem Zweck freilassen.«

Marges Augen weiteten sich, und sie wirbelte außer sich vor Empörung zu Charlie herum.

»Wagen Sie es ja nicht! Unterstehen Sie sich, mich anzurühren, Sie Wüstling!«

»Ich? Aber das war doch gar nicht meine Idee«, sagte Charlie kläglich. »Glauben Sie denn, ich laufe herum und zerreiße Kleider? Hören Sie.« Er wandte sich zu Botax. »Ich habe eine Frau und drei Kinder. Wenn Sie herausfindet, daß ich herumlaufe und Kleider zerreiße, gibt's ein Donnerwetter. Wissen Sie, was meine Frau sagt, wenn ich eine andere nur mal kurz anschaue? Hören Sie .«

»Widersetzt er sich noch immer?« fragte der Captain ungeduldig.

»Anscheinend«, erwiderte Botax. »Möglicherweise verlängert die fremde Umgebung das Vorspiel der Zusammenarbeit. Da ich weiß, daß diese Angelegenheit Ihnen Unbehagen bereitet, will ich das Vorspiel des Rituals lieber selbst übernehmen. Es wird in den ,Science-Fiction-Erzählungen häufig geschildert, daß eine außenweltliche Spezies diese Aufgabe durchführt. Zum Beispiel hier.« Er blätterte in seinen Notizen, bis er fand, was er gesucht hatte. »Hier wird eine solche schreckliche Spezies beschrieben. Die Kreaturen auf dem Planeten da unten haben ziemlich närrische Begriffe, müssen Sie wissen. Es kommt ihnen gar nicht in den Sinn, sich hübsch aussehende Individuen vorzustellen, wie zum Beispiel uns, mit unserer feinen, schleimigen Haut .«

»Weiter, weiter! Reden Sie nicht so lange herum«, befahl der Captain.

»Ja, Captain. Hier steht, daß das extraterrestrische Geschöpf >auf das Mädchen zutrat. Hysterisch schrie sie auf, als das Monstrum sie umarmte. Krallen zerrten blindlings an ihrem Leib, rissen das Hemd in Fetzen.< Da sehen Sie es. Die eingeborene Kreatur schreit, weil sie stimuliert wird, wenn man ihre Häute entfernt.«

»Dann tun Sie es, Botax. Entfernen Sie die Häute. Aber ich bitte Sie inständig, sehen Sie zu, daß es kein Geschrei gibt. Ich zittere am ganzen Körper, wenn diese Lautwellen heranfluten.«

Botax sagte höflich zu Marge: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht . « Ein spachtelartiger Finger fuhr in den Halsausschnitt ihres Kleides.

Marge wand sich verzweifelt.

»Fassen Sie mich nicht an! Fassen Sie mich nicht an! Sie machen mich ja voller Schleim! Hören Sie, dieses Kleid hat bei Ohrbach vierundzwanzig Dollar und fünfundneunzig Cent gekostet. Verschwinde, du Ungeheuer! Schauen Sie sich doch diese Augen an.« Sie keuchte vor verzweifelter Anstrengung, dem Zugriff der extraterrestrischen Hand zu entgehen. »Ein schleimiges, glotzäugiges Monstrum, das ist er. Hören Sie, ich ziehe mich selbst aus. Aber bleiben Sie mir um Gottes willen nur ja mit Ihrem Schleim vom Leib!«

Sie zerrte an ihrem Reißverschluß und warf Charlie einen wütenden Seitenblick zu.

»Wagen Sie nur ja nicht herzuschauen!«

Charlie schloß die Augen und zuckte resignierend mit den Schultern.

Sie stieg aus dem Kleid.

»Nun? Sind Sie jetzt zufrieden?«

Captain Garms Finger zuckten unglücklich.

»Ist das der Busen? Warum dreht denn die andere Kreatur den Kopf weg.«

»Immer noch dieses Widerstreben«, sagte Botax. »Außerdem ist der Busen noch immer bedeckt. Es müssen noch weitere Häute entfernt werden. Wenn er entblößt ist, stimuliert der Busen sehr stark. Er wird immer wieder als elfenbeinfarbene Halbkugel beschrieben, oder als weißschimmernde Rundungen oder so ähnlich. Ich habe hier Zeichnungen, optische Darstellungen, die ich den äußeren Hüllen der Raumfahrer-Zeitschriften entnommen habe. Wenn man nachschaut, wird man fast auf jeder Nummer dieser Zeitschrift eine Kreatur mit einem mehr oder weniger entblößten Busen finden.«

Der Captain blickte nachdenklich von den Illustrationen zu Marge und wieder zurück.

»Es geschieht ja überhaupt nichts«, sagte der Captain tief enttäuscht. »Und das scheint auch ein sehr unvollkommenes Exemplar zu sein.«

»Ich habe Ihnen zwei perfekte Exemplare gebracht.« Botax fühlte wohl den Vorwurf, den man seiner Leistung machte. »Was soll denn mit dieser Kreatur nicht in Ordnung sein?«

»Dieser Busen besteht weder aus Halbkugeln noch aus Rundungen. Ich weiß, was Halbkugeln oder Rundungen sind, und auf den Bildern, die Sie mir gezeigt haben, sind sie auch ganz richtig dargestellt. Da sieht man große Halbkugeln. Aber an dieser Kreatur hängen ja nur kleine trockene Hautlappen. Und sie sind auch teilweise verfärbt.«

»Unsinn«, sagte Botax. »Sie müssen den verschiedenen natürlichen Variationen einen gewissen Spielraum lassen. Ich werde die Kreatur selbst fragen.«

Er wandte sich zu Marge.

»Madam, ist Ihr Busen nicht vollkommen?«

Marges Augen öffneten sich weit. Mühsam rang sie nach Luft. »Also wirklich!« stieß sie endlich hervor. »Vielleicht bin ich keine Gina Lollobrigida oder Anita Ekberg, aber ich bin schon in Ordnung, darauf können Sie sich verlassen. O Junge, wenn mein Ed nur hier wäre!« Sie fuhr zu Charlie herum. »Hören Sie, würden Sie diesem glotzäugigen, schleimigen Ding da vielleicht erzählen, daß ich gut entwickelt bin?«

»Aber Lady«, sagte Charlie sanft, »ich soll doch nicht hinschauen. Erinnern Sie sich nicht?«

»O ja, sicher, Sie sollten nicht hinschauen. Aber Sie haben schon genug geblinzelt. Und da können Sie genauso gut Ihre lausigen Augen öffnen und für die Ehre einer Lady einstehen, wenn Sie wenigstens ein bißchen was von einem Gentleman haben. Aber das haben Sie ja wahrscheinlich nicht.«

»Also gut.« Charlie warf Marge einen Seitenblick zu. Sie ergriff die günstige Gelegenheit, atmete tief ein und warf die Schultern zurück.

»Ich will natürlich nicht in eine so delikate Angelegenheit verwickelt werden«, sagte Charlie, »aber Sie sind schon in Ordnung.«

Erleichtert wandte sich Botax Captain Garm zu.

»Die größere Form drückte bereits Interesse aus. Das Reizmittel wirkt. Und jetzt kommen wir zum letzten Schritt.«

»Und worin besteht der?«

»Dafür gibt es keinen Blitz, Captain. Im Wesentlichen wird dabei der Eß- beziehungsweise Sprechapparat des einen auf das Äquivalent des anderen gepreßt. Ich habe einen Blitz für diesen Vorgang erfunden: Kuß.«

»Hören denn diese Widerwärtigkeiten niemals auf?« stöhnte der Captain.

»Das ist schon der Höhepunkt. In allen Erzählungen umklammern sie sich mit den Gliedmaßen, nachdem die Häute gewaltsam entfernt worden sind, und geben sich wie wahnsinnig brennenden Küssen hin, um die gebräuchliche Phrase wenigstens annähernd richtig zu übersetzen. Hier ist ein Beispiel, nur eines, ein x-beliebiges: >Er hielt das Mädchen umfangen, und sein Mund preßte sich begehrlich auf ihre Lippen.<«

»Vielleicht wollte die eine Kreatur die andere verschlingen«, sagte der Captain.

»Aber keineswegs«, erwiderte Botax ungeduldig. »Das waren brennende Küsse.«

»Wieso brennend? Entsteht bei diesem Vorgang ein Brand?«

»Wohl nicht im buchstäblichen Sinn. Ich stelle mir vor, daß auf diese Weise ausgedrückt wird, wie die Temperatur steigt. Je höher die Temperatur ist, nehme ich an, desto erfolgreicher werden die Jungen produziert. Ohne diesen Vorgang können die Jungen nicht hervorgebracht werden. Das ist der letzte Schritt, von dem ich gesprochen habe, die erwähnte Zusammenarbeit.«

»Sir, würden Sie bitte diese Lady küssen?« sagte Botax mit feierlicher Deutlichkeit.

»Aber ich kann mich doch nicht bewegen«, erwiderte Charlie.

»Ich werde Sie natürlich freilassen.«

»Aber vielleicht mag es die Lady gar nicht.«

Marge starrte ihn zornig an.

»Da können Sie ihre verdammten Stiefel drauf wetten, daß ich es nicht mag. Bleiben Sie mir nur ja vom Leib.«

»Das wäre mir auch lieber, Lady. Aber was werden sie denn machen, wenn ich es nicht tu? Sehen Sie, ich will sie doch nicht verärgern. Wir könnten doch - wissen Sie, was ich meine? Nur ein ganz leichter Kuß ...«

Sie zögerte. Dann sah sie die Berechtigung dieser Maßnahme ein.

Charlie trat auf sie zu.

»Wenn es jetzt genehm ist, Lady.« Er tippte sich vage an den

Hut, dann legte er die Hände linkisch auf ihre nackten Schultern und beugte sich verlegen vor.

Marges Hals straffte sich. Ihre Lippen berührten die Charlies.

»Ich fühle keinen Temperaturanstieg«, blitzte Captain Garm unmutig. Sein hitzeempfindliches Tentakel, das aus der Kopfmitte ragte, hatte sich zu voller Spannweite ausgedehnt und zitterte fröstelnd.

»Ich auch nicht«, sagte Botax ziemlich verzweifelt. »Aber wir machen doch genau das, was in den RaumfahrerGeschichten steht. Ich glaube, seine Gliedmaßen müßten sich mehr ausstrecken ... Ah, sehen Sie, jetzt funktioniert es!«

Wie geistesabwesend hatte Charlie den Arm um Marges nackten, weichen Körper geschlungen. Einen Augenblick lang schien sich Marge an ihn zu lehnen, doch dann wehrte sie sich heftig gegen das Kräftefeld, das sie umfangen hielt.

»Aufhören!« Dumpf erstickte ihre Stimme im Druck von Charlies Lippen. Plötzlich biß sie zu. Mit einem wilden Schrei fuhr Charlie zurück. Seine Hand fuhr zur Unterlippe, er sah das Blut an seinen Fingern.

Captain Garm schoß schnelle Blitze. Abwechselnd gelbe und blaue.

»Ist es jetzt passiert? Wie lange müssen wir denn noch warten?«

»Ich glaube, es wird gleich soweit sein. Wenn man gebären muß, dann gebiert man. So ist das überall im ganzen Universum. Da gibt es kein Warten.«

»So? Wenn ich an all die schändlichen Gebräuche denke, die Sie mir geschildert haben, vergeht mir die Lust, jemals wieder zu gebären. Kommen Sie endlich zum Ende!«

»Nur noch einen Augenblick, Captain.«

Aber die Augenblicke verstrichen, und langsam wandelten sich die Blitze des Captains in ein düster brütendes Orange, während Botax beinahe völlig verblaßte.

Schließlich fragte Botax zögernd: »Verzeihen Sie, Madam, aber wann werden Sie keimen?«

»Wann werde ich was tun?«

»Ich meine, wann werden Sie ein Junges hervorbringen?«

»Ich habe schon ein Kind.«

»Aber wann werden Sie jetzt ein Junges bekommen?«

»Vorderhand gar nicht. Ich bin noch nicht in dem Zustand, um ein weiteres Kind zu bekommen.«

»Was? Was?« fragte der Captain fordernd. »Was sagt sie?«

»Es scheint«, erwiderte Botax matt, »daß sie im Augenblick nicht beabsichtigt, ein Junges hervorzubringen.«

Der Farbfleck des Captains loderte in weißen Flammen.

»Wissen Sie, was ich glaube, Investigator Botax? Ich glaube, daß Sie geisteskrank und pervers sind. Nichts passiert mit diesen Kreaturen. Es gibt keine Zusammenarbeit zwischen ihnen, und kein Junges wird geboren. Das sind zwei verschiedene Arten, und Sie treiben ein verrücktes, abscheuliches Spiel mit mir.«

»Aber Captain ...«

»Schluß mit >aber Captain<! Ich habe genug. Sie haben mich zum Narren gehalten, mir den Magen umgedreht, mich angewidert und angeekelt mit dieser ganzen geschmacklosen Phantasie von Keimen und Gebären und meine Zeit vergeudet. Sie streben nur nach Schlagzeilen und persönlichem Ruhm, aber ich werde dafür sorgen, daß Sie keins von beiden bekommen. Befreien Sie mich jetzt endlich von der Anwesenheit dieser Kreaturen. Geben Sie ihnen die Häute zurück und bringen Sie sie dorthin, wo Sie sie aufgelesen haben. Die Kosten für diese sinnlose Zeitstockung werden von Ihrem Gehalt abgezogen.«

Jede weitere Diskussion war sinnlos. Mit bebenden Gliedmaßen schickte sich Botax an, die beiden Kreaturen zurückzubringen.

Sie standen auf dem Bahnsteig und blickten verwirrt um sich. Dämmerung hüllte sie ein, und die nahende Bahn ratterte.

»Mister, ist das alles wirklich passiert?« fragte Marge.

Charlie nickte.

»Ich kann mich genau erinnern.«

»Wir dürfen es niemandem erzählen.«

»Sicher nicht. Sie würden alle sagen, wir seien verrückt. Wissen Sie, was ich sagen will?«

»Oh . ja, ja«, erwiderte sie ausweichend.

»Hören Sie«, sagte Charlie, »es tut mir leid, wenn ich Sie in Verlegenheit gebracht habe. Das wollte ich nicht.«

»Ist schon gut.« Marge betrachtete eingehend den Steinboden des Bahnsteigs. Das Rattern der Bahn wurde immer lauter.

»Ich meine, Sie wissen doch, Lady, Sie sahen wirklich nicht schlecht aus. Tatsächlich, Sie sahen gut aus. Aber ich war zu verwirrt, um das zu sagen.«

Ein plötzliches Lächeln flog über ihr Gesicht.

»Es ist ja alles gut.«

»Wollen Sie vielleicht eine Tasse Kaffee mit mir trinken, damit wir uns von dem Schreck erholen? Meine Frau erwartet mich noch nicht.«

»Oh, nun ja, Ed ist für ein Wochenende verreist, und auf mich wartet nur die leere Wohnung. Mein kleiner Sohn besucht gerade meine Mutter.«

»Dann kommen Sie. Kennengelernt haben wir uns ja schon.«

»Das kann man wohl sagen.« Sie lachte.

Die Bahn fuhr in die Station ein, aber sie wandten sich ab und stiegen die enge Treppe zur Straße hinab. Sie tranken ein paar Cocktails, und dann konnte Charlie sie natürlich nicht in der Dunkelheit allein nach Hause gehen lassen. Also begleitete er sie bis zur Haustür. Und natürlich fühlte Marge sich verpflichtet, ihn für ein paar Minuten hereinzubitten.

Inzwischen war Botax gebrochen in das Raumschiff zurückgekehrt und unternahm einen letzten Versuch, die Wahrheit seiner Behauptung zu beweisen. Während Garm das Schiff für den Abflug fertigmachte, schaltete Botax hastig das Fernsehgerät ein, um noch einen letzten Blick auf seine beiden Forschungsobjekte zu werfen. Der Peilstrahl tauchte in Marges Wohnung, und da war auch Charlie. Botax' Tentakel erstarrten, und er schoß funkelnde Blitze in allen Regenbogenfarben.

»Captain Garm! Schauen Sie doch, was Sie jetzt machen!«

Aber im selben Augenblick glitt das Schiff aus der Zeitstok-kung.