121327.fb2 Bringt mir den Kopf des M?rchenprinzen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

Bringt mir den Kopf des M?rchenprinzen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

»Ich fürchte, er funktioniert doch«, sagte Azzie, zog verstohlen den Schlafzauber aus der Tasche und drückte auf den kleinen Knopf, der ihn aktivierte.

Rosenrot gähnte. »Du hast recht. Ich bin müde. Aber ich habe noch nicht einmal zu Abend gegessen!«

»Wir werden das Abendessen für dich bereit halten, wenn du wieder aufwachst«, versprach Azzie.

Die Augen der Prinzessin fielen zu, und kurz darauf schlief sie tief und fest. Azzie trug sie unter Yliths wachsamen Blicken in ihr Schlafzimmer und steckte sie ins Bett.

Während der nächsten Tage zeigte sich, daß es Schwierigkeiten mit Prinzessin Rosenrot geben würde. Sie wollte einfach nicht auf Azzie hören. Selbst Ylith konnte trotz ihrer ruhigen und klugen Art nicht zu dem Mädchen durchdringen, nicht einmal in der Rolle ihrer Tante. An Rosenrots Schönheit bestand kein Zweifel. Ihre Reize lagen nicht zuletzt darin, daß ihre langen Tänzerinnenbeine, samtbraun und unglaublich ebenmäßig, einen alabaster weißen Körper trugen, auf dem ein blondhaariger Kopf saß. Die dunklen Beine erweckten den Anschein, als steckten sie in Seidenstrümpfen, was ihrer Schönheit keinen Abbruch tat.

Aber diese langen Beine brachten auch ein Problem mit sich. Sie schienen ihr eigenes Karma zu besitzen. Die Prinzessin unterlag dem Zwang, ständig tanzen zu müssen. Azzie mußte mehrere Zaubersprüche ausprobieren, bevor es ihm gelang, diesen Trieb wenigstens einigermaßen zu unterdrücken.

Doch selbst in ihrem Schlummerbann schlafwandelte Prinzessin Rosenrot noch. Ihre langen Beine führten sie von selbst in den großen Ballsaal im Erdgeschoß, wo sie zu einer Musik, die außer ihr niemand hören konnte, Flamenco tanzte. Azzie mußte Vorsorge gegen das Schlafwandeln treffen.

»Ylith, würdest du im Schloß bleiben und auf sie aufpassen?« fragte er. »Ich fürchte, sie ist etwas labil. Sie könnte stürzen und sich dabei verletzen. Aber sie hat Verstand, und ich bin überzeugt, daß sie tun wird, was wir von ihr erwarten.«

»Das glaube ich auch«, erwiderte Ylith. »Übrigens, ich habe den Nikolaus gebeten, Brigitte dieses Weihnachten ein schickes Puppenhaus zu bringen.«

»Oh… danke.«

»Ich erwähne das nur für den Fall, daß du dein Versprechen vergessen haben könntest.«

»Ich habe es nicht vergessen«, log Azzie. »Trotzdem, vielen Dank. Paß gut auf sie auf, ja?«

»Ich tue das nur für dich, Azzie«, sagte Ylith mit schmelzender Stimme.

»Darüber bin ich wirklich sehr froh«, sagte Azzie in einem Tonfall, der seine Worte Lügen strafte. »Aber jetzt muß ich den Märchenprinzen aufwecken und auf den Weg bringen. Wir sehen uns später, okay?«

Ylith schüttelte den Kopf, als ihr dämonischer Liebhaber mit einem spektakulären Feuerwerkeffekt verschwand. Warum hatte sie sich nur in einen Dämon verlieben müssen? Und wenn schon in einen Dämon, warum dann ausgerechnet in diesen? Sie wußte es nicht. Die Wege des Schicksals sind unergründlich – vorsichtig ausgedrückt.

KAPITEL 3

»Ich hoffe nur, daß uns dieses Exemplar keine Schwierigkeiten bereitet«, sagte Azzie. »Hast du die Drachenaugen zur Hand, Frike?«

»Ja, Meister«, erwiderte Frike. Er öffnete den Wildlederbeutel, in dem die Drachenaugen in einem Gemisch aus Jauche, Salzlake und Essig lagen. Bevor er sie herausnahm, wischte er sich die Hände an seinem Kittel ab, denn in dieser Situation schien Hygiene – wie oberflächlich sie damals auch praktiziert wurde – besonders wichtig zu sein.

»Sind sie nicht wunderschön?« fragte Azzie, als er sie in die Augenhöhlen des Märchenprinzen schob und die Ränder mit Jauche benetzte.

Und es waren wirklich schöne Augen, gefärbt wie ein rauchiger Topas, in dessen Tiefen es funkelte.

»Diese Augen machen mir Sorgen«, sagte Frike. »Ich glaube, daß Drachenaugen Falschheit durchschauen können.«

»Genau das, was ein Held braucht.«

»Aber wird er dann nicht auch diese Falschheit durchschauen?« fragte Frike mit einer ausholenden Geste, die das Haus, Azzie und ihn selbst einschloß.

»Nein, mein armer Frike«, entgegnete Azzie. »Drachenaugen können nicht die Falschheit ihrer eigenen Situation erkennen. Sie bemerken die Makel anderer, aber nicht die eigenen. Unser Märchenprinz wird nicht leicht in die Irre zu leiten sein, aber er ist auch nicht klug oder weitsichtig genug, um seine eigene Lage zu erkennen.«

»Da! Er regt sich!« rief Frike.

Azzie war schon vorsorglich in die Maske des freundlichen Onkels geschlüpft. »Ruhig, Junge, ruhig«, sagte er und strich dem Jüngling das goldene Haar aus der Stirn.

»Wo bin ich?« fragte der Märchenprinz.

»Du solltest eher fragen, wer du bist«, erwiderte Azzie. »Und dann solltest du wissen wollen, wer ich bin. Wo du bist, steht erst an dritter Stelle der wichtigen Fragen.«

»Na schön… wer bin ich?«

»Du bist ein edler Prinz, dessen ursprünglicher Name vergessen worden ist, den aber alle nur den ›Märchenprinzen‹ nennen.«

»Märchenprinz«, murmelte der Jüngling nachdenklich. Er setzte sich auf. »Ich nehme an, das bedeutet, ich bin von adligem Geblüt.«

»Ja, das wird wohl so sein«, sagte Azzie. »Du bist der Märchenprinz, und ich bin dein Onkel Azzie.«

Der Märchenprinz akzeptierte diese Auskunft bereitwillig. »Hallo, Onkel Azzie. Ich kann mich zwar nicht an dich erinnern, aber wenn du sagst, daß du mein Onkel bist, soll mir das recht sein. Nachdem ich das jetzt weiß, darf ich auch erfahren, wo ich bin?«

»Natürlich«, erwiderte Azzie. »In Augsburg.«

»Das ist schön«, murmelte der Märchenprinz etwas undeutlich. »Ich habe so ein Gefühl, als wollte ich Augsburg schon immer einmal sehen.«

»Und das wirst du auch«, versprach Azzie und lächelte bei dem Gedanken daran, was für eine fügsame Kreatur er hier erschaffen hatte. »Du wirst es dir während deiner Ausbildung und dann später wieder genau ansehen können, wenn du es verläßt, um zu deiner gefahrvollen Mission aufzubrechen.«

»Meine gefahrvolle Mission, Onkel?«

»Ja, Junge. Vor diesem Unfall, der dein Gedächtnis ausgelöscht hat, warst du ein berühmter Krieger.«

»Wie ist mir dieser Unfall zugestoßen, Onkel?«

»Während du tapfer gegen viele Feinde gekämpft hast. Du hast eine Menge von ihnen erschlagen – du kannst sehr gut mit einem Schwert umgehen, mußt du wissen –, aber einer der niederträchtigen Schurken hat sich von hinten an dich angeschlichen und dich heimtückisch mit einem Breitschwert auf den Kopf geschlagen.«

»Das scheint mir kaum ein faires Verhalten gewesen zu sein!«

»Die Menschen sind oft unfair«, erklärte Azzie. »Auch wenn du zu unschuldig bist, um das zu erkennen. Aber mach dir deswegen keine Sorgen. Dein reines Herz und dein edler Geist werden dir stets den Weg ebnen.«

»Das ist schön«, sagte der Märchenprinz. »Ich möchte, daß die Leute eine hohe Meinung von mir haben.«

»Und das werden sie auch, mein Junge, nachdem du die großen Taten vollbracht hast, zu deren Ruhm das Schicksal dich auserkoren hat.«

»Was für Taten sind das, Onkel?«

»Siegreich die mannigfaltigen Gefahren zu überwinden, die zwischen dir und Prinzessin Rosenrot liegen, der Schlummernden Prinzessin.«

»Prinzessin… wer? Wovon sprichst du?«

»Ich spreche von den großartigen Taten, die dich weltberühmt machen und dir mehr Glück bescheren werden, als es sich die menschliche Phantasie ausmalen kann.«

»Oh… das klingt gut. Erzähl mir mehr, Onkel. Du hast eine schlafende Prinzessin erwähnt…?«

»Schlummernd, nicht schlafend. Aber es ist trotzdem ein ernsthaftes Problem. Es steht geschrieben, mein Junge, daß nur ein Kuß deiner Lippen sie aus diesem Bann erlösen kann. Sobald sie erwacht und dich erblickt, wird sie sich unsterblich in dich verlieben. Du wirst dich ebenfalls in sie verlieben, und ihr werdet beide sehr glücklich sein.«